
„Wat für ne Marie …“ Icke als Berliner bin halt manchmal schwer zu verstehen und verstehe auch manches einfach nicht. Also schnell das Wort Ergonomie aufgeschrieben und bei Wiki geschaut. „(…) Inhalte der Ergonomie beziehen sich auf die Analyse und Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsplatzumgebung, die spezifischen Aufgabenstellungen sowie die Arbeitsorganisation, um sowohl zur Steigerung der Leistungsfähigkeit und Effizienzerhöhung des gesamten Systems (…) als auch zur Verringerung von Belastungen beizutragen.“ (Schmidtke 1993).
Daraus ergeben sich zwei Schwerpunkte: Erstens, die Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens und zweitens, die Steigerung der Qualität der Arbeitsergebnisse. So weit die Theorie. Allgemeines Gemurmel und Zustimmung kann ich leider nicht vernehmen. Vielleicht höre ich aber nur schlecht! Leider steht ein ergonomischer Arbeitsplatz, oder neudeutsch Life Science Engineering, nicht ganz oben bei den Architekten und Ausstattern der Küchen. Dabei sollte dies gerade in der Gemeinschaftsverpflegung Standard sein und muss es für die Zukunft werden. Wo sonst werden täglich so große Mengen gekocht und schwere Lasten gehoben.
Ich erinnere mich an meine letzte „Berliner Kartoffelsuppe“: In einer Bundesbehörde mit ca. 700 Essen täglich sind das schnell mal 70 l, die aus dem Kessel geschöpft und dann ins Bain Marie gehoben werden. Bei L & D, der persönlichen Gastronomie mit ca. 90 Betrieben, sind das bis zu 6.500 l oder kg an einem Tag. Wer soll das täglich bewältigen?
Schwere Lasten
Ist das der Grund, warum es mehr männliche Mitarbeiter in einer Großküche gibt? Ich weiß es nicht. Für Frauen ist es schon eine tägliche Herausforderung, diese schweren Lasten zu meistern. Am Anfang einer jeden Woche kommen Warenlieferungen, die schon mal das Gewicht von einer Tonne überschreiten. Diese Waren müssen kontrolliert und ausgepackt werden, und das nach HACCP-Vorschriften am besten zeitnah. Aber was bedeutet die Ergonomie nun in der operativen Gestaltung einer Gemeinschaftsküche?
- Arbeitsflächen und die Spül- & Abwaschbecken sind in einer rückenfreundlichen, ergonomischen Arbeitshöhe angebracht
- die elektrischen Geräte befinden sich in optimaler Greifhöhe
- der Arbeitsplatz ist optimal ausgeleuchtet und
- vieles andere mehr.
Praktisch also die berühmte Brotkiste unter dem Schneidbrett oder die elektrische Kippbratpfanne (ja, auch ich musste noch kurbeln). Oder vielleicht doch lieber kleinere Mitarbeiter einstellen, für die die Küchen gebaut wurden?
Ergonomie wird außer Acht gelassen
Doch meist werden die Küchen von Theoretikern eingerichtet und die Ergonomie wird außer Acht gelassen. Investieren Sie lieber in einen ergonomischen Arbeitsplatz anstatt die Gesundheit der Mitarbeiter aufs Spiel zu setzten. Die Mitarbeiter danken es Ihnen und können so produktiver tätig sein. Zufriedene Mitarbeiter sind unsere nachhaltige Investition in die Zukunft. Was halten Sie als moderner Arbeitgeber davon, sich an den Kosten für eine Rückenschule oder für einen Gesundheit- Check-up zu beteiligen?
Wussten Sie eigentlich, dass Ihre zuständige Berufsgenossenschaft Ihnen beratend zur Seite steht? Der Ergonomie-Berater kommt zu Ihnen in den Betrieb und analysiert Schwachstellen, betrachtet den Ist-Zustand und gibt Handlungsempfehlungen. Fragen Sie ruhig einfach mal Ihre Mitarbeiter, ob Verbesserungen in Ihrer Küche das Arbeitsleben erleichtern könnten. Was denken Sie? Ich freue mich auf Ihre Anregungen.
Ihr Heiko Becker
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Heiko Becker ist gelernter Koch, Mitglied im Verband der Köche Deutschlands und seit 15 Jahren für das Cateringunternehmen L & D im Betriebsrestaurant einer Berliner Bundesbehörde mit ca. 700 Gästen täglich tätig. Geboren und aufgewachsen ist er in (Ost-) Berlin. Dort besuchte er die Hotelfachschule und absolvierte seine Ausbildung in der GV, in Sterne-Restaurants und im In- und Ausland.